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Zukunftswerkstatt
 
 

Kritik-Phase

Freitag, 21.11.2003
Ab 15.45 Uhr sammeln sich alle 22 Kinder am Treffpunkt U-Bahn Merkenstraße, so dass wir pünktlich um 16.00 Uhr zum Schullandheim Estetal fahren können.
Dort angekommen, gibt es eine kurze Begrüßung und die Vorstellung des Teams und die für das Wochenende geltenden Rechte werden genannt (Recht auf körperliche Unversehrtheit u.s.w.).
Im Anschluss teilen sich die Mädchen und Jungen auf die vorhandenen Zimmer auf.
Nach dem Abendessen folgen das Kennen lernen und der Einstieg ins Thema:

  • Name und Bewegung
    (jede/r nennt den Namen und macht eine Bewegung, die anderen machen es nach)
  • Positionierung im Raum nach Fragen
    Wer geht auf welche Schule, wer ist in derselben Klasse, wer wohnt wo, auf einer Skala von 0-100, wie findest du Billstedt (hier Interview mit Mikro und Aufnahmegerät)
  • Meckermauer
    Alles, was mich an Billstedt stört und was ich doof finde, wird auf einen „Mauerstein“ (Din 4 Blatt) geschrieben. Die Beispiele aus den Interviews „Was machen Kinder am Nachmittag in Billstedt“ fließen von uns aus mit ein.

Obwohl die Gruppe an diesem Abend schon auf vielen Ebenen gefordert war (sich teilweise nicht kennen, neues Leitungsteam, fremder Ort) wurden für die Meckermauer viele Punkte genannt und eine intensive Arbeitsatmosphäre aufgebaut.

 

Fantasiephase

Samstag, 22.11.2003
Vormittag:
Zur Einstimmung in die Fantasiephase bieten wir drei Gruppen zu Themen an, die nicht unbedingt für alle Teilnehmer alltäglich sind: Wald / Musik / Körperarbeit. Dadurch wollen wir den Kindern die Möglichkeit geben, die Gedanken von Gewohntem zu Neuem zu führen, die Fantasie anzuregen...

Die Waldgruppe überspannt mit einem Tau den kleinen Bach (Elste). Einigen Teilnehmern gelingt der Weg sich von Ufer zu Ufer an dem Tau hangelnd. Anschließend führen sich die Kinder abwechselnd blind durch den Wald.
Die Musikgruppe singt und schreibt einen Rap und die Körperarbeitsgruppe macht Körper- und Vertrauensübungen.
Das Erlebte tragen die Kinder im Plenum zusammen.

Nachmittag:
Nachdem wir am Morgen in Kleingruppen verschiedene Aktionen zur Phantasieanregung gemacht haben, sollte es am Nachmittag mit der Fantasiephase, auch Wunsch- oder Traumphase genannt, weitergehen. In dieser Phase ist alles möglich und alles erlaubt, nach dem Motto: ALLES kann geträumt werden. Sätze wie: „Das geht nicht!“ haben in dieser Phase nichts verloren. Es geht also nicht um die Machbarkeit einer Idee, sondern um das Phantasieren, Träumen und Rumspinnen.

Unter der Leitfrage „Wie sieht eure Trauminsel aus?“ können die Kinder mit selbst ausgewählten Methoden ihren Ideen und Wünschen freien Lauf lassen.
Folgende vier Methoden stellen wir zur Auswahl:

  • Basteln
  • Malen
  • Schreiben
  • Hörspiel machen

Es bilden sich etwa drei gleich große Kleingruppen. Der Methode des Schreibens hat sich niemand angenommen.

Die Malgruppe:
Die Kinder haben Pinsel, Farben, Malstifte und Buntstifte zur Verfügung.
Die Gruppe teilt sich noch einmal in eine „Mädchen-“ und eine „Jungenmalgruppe“. Die Bilder sind sehr unterschiedlich. Die Mädchen malen sich mit Freundinnen in einer Hängematte unter Palmen, Sonne und blauem Himmel.
Die Jungen malen eine Insel mit Palmen, Kneipen, Cannabisläden, Sexshops...
Prozess: Ergebnis:

Die Bastelgruppe:
Es bilden sich mehrere kleine Bastelgruppen. Bastelmaterialien sind: Watte, Luftballons, Strohhalme, Lego, Farben...
Die Kinder in den Bastelgruppen gestalten, mit den ihnen zur Verfügung stehenden o.a. Materialien, konzentriert und akribisch ihre Trauminseln.

Die Hörspielgruppe:
Wir sammeln zunächst einmal ein paar Gedanken, wie wir uns eine Trauminsel vorstellen, auf der wir leben wollen: Wie sind die Menschen die dort wohnen? Was soll es alles auf der Insel geben? Wie sieht es dort aus und wie ist das Wetter?
Unter der Frage: „Wer würde ich selber gerne sein?“ stellen sich die sechs Inselbewohner vor und berichten über das Leben auf der Insel. Wir erzählen vom Traumleben auf der Trauminsel und untermalen diese Geschichte mit Geräuschen.

Im Anschluss an die zwei kreativen Stunden präsentieren die einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse.

Fazit:
Die Kinder konnten sich auf das für sie eher ungewohnte „träumen“ und „spinnen“ gut einlassen. Alle waren sehr kreativ.
Der Begriff der „Trauminsel“ wurde von den meisten mit Urlaub assoziiert.
So waren auf den gemalten Bildern und gebastelten Werken Hotels, Palmen, Sonne und Meer unverkennbar.
Uns fiel auf, dass sich fast alle Kinder als Chef, Boss oder Besitzer von Gebäuden, Institutionen oder Einrichtungen vorstellten.

Umsetzungs-Phase

Sonntag, 23.11.2003
Der Sonntag Morgen ist, verglichen mit den beiden vorangegangenen Tagen, relativ ruhig. Dies liegt sicher an der nachlassenden Reise-Euphorie, aber auch an den anstrengenden Nächten, die für die meisten eher weniger der Ruhe dienten.
Nach einem Bewegungsspiel im Freien beginnen wir mit der letzten Einheit.
Ziel der Umsetzungsphase ist es, zu realistischen Vorstellungen für Veränderungen im Umfeld der Kinder zu kommen. Aus der Phantasiephase haben wir 4 Themenbereiche zusammengefasst:

  • Freizeit in Billstedt
  • Wohnen in Billstedt
  • Gewalt in Billstedt
  • Natur in Billstedt

Es bilden sich drei Gruppen, von denen eine die Themen Natur und Wohnen verbindet. Die Gruppen werden jeweils von einer Teamerin / einem Teamer angeleitet. Erstaunlich ruhig und ernsthaft wird in den Gruppen gearbeitet. Die Ergebnisse sind überraschend realistisch. Zwar wurden auch CinemaxX, Gokart – Bahn und ähnliches benannt, doch für die Umsetzung dann wieder verworfen. Die im Plenum vorgetragen Ergebnisse machen deutlich, dass die Kinder sehr gut in der Lage sind, umsetzbare Vorschläge zu entwerfen und diese an den realen Gegebenheiten und Möglichkeiten zu verifizieren.

Ergebnisse:

Interessant sind die vielen Vorschläge zum Thema Schule. Kam das Thema in den Visionen / Träumen der Kinder noch überhaupt nicht vor, nimmt es in dieser Phase doch einen vergleichsweise großen Stellenwert ein. Relativ schnell werden erste Forderungen, Schule abzuschaffen, konstruktiv diskutiert. Den Kindern scheint dabei Bildung durchaus als Grundwert erkennbar zu sein. Viele Vorschläge haben dann auch eher eine qualitative Verbesserung der Rahmenbedingungen sowie methodisch – didaktischer Ansätze zum Ziel.

Auffällig ist auch der Ruf nach Ordnungskräften und Polizei. Wenngleich auch die eine oder andere Äußerung deutlich macht, dass eher eine beschützende Polizei gewünscht ist, die aber nicht die Kinder selbst reglementieren soll, so ist doch erkennbar, dass das Bild von Polizei und Sicherheitsdiensten bei den Kindern sehr positiv besetzt ist.

Die Ergebnisse in den Bereichen Natur und Wohnen können nicht überraschen. Erstaunlich sind aber einzelne Bemerkungen, die in der Diskussion fielen. So bezeichnen die Kinder das Gebäude in der Möllner Landstraße, gegenüber dem Billstedt – Center als „Fehlinvestition“ und schlagen vor, solche Leerstände zur Verbesserung des Wohnumfeldes (z. B. Kino) zu nutzen.

Auch die Benennung der erlebten Gewalt in Stadtteil und Schule sowie die entwickelten Lösungsvorschläge entsprechen in etwa den gängigen Diskussionen einer verstärkten ordnungspolitischen Orientierung der Gesellschaft. Interessant und zugleich alarmierend ist die Wahrnehmung von Lehrern in diesem Zusammenhang. Der Wunsch, an diesem Thema zu arbeiten ist unübersehbar.

Die Ergebnisse zum Thema „Freizeit in Billstedt“ sind eher unspektakulär. Geradezu verblüffend ist aber die realitätsnahe Einschätzung von Möglichem und Unmöglichem, macht sie doch sehr deutlich, dass Kinder in stadtplanerischen Diskussionen durchaus ernst zu nehmen sind. Ein großer Teil der Wünsche ist mit überschaubarem Aufwand vorhandener Ressourcen umzusetzen. Hierzu bedarf es lediglich der engagierten Erwachsenen, die sich nicht scheuen, mit den Kindern Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

Es scheint der Punkt erreicht, an dem die Gruppe in die Phase der Arbeitsfähigkeit eintritt. Schade nur, dass diese Entwicklung für diese Veranstaltung nicht mehr weiter nutzbar ist.
Nach zwei Stunden intensiver Arbeit beenden wir den inhaltlichen Teil. Am Nachmittag bildet eine Auswertung mit einem Stellungsfeedback den Abschluss:

Besondere Bemerkungen Einzelner:

  • Können wir das einmal im Monat wiederholen?
  • Die Duschen waren schlecht, das Essen war gut!
  • Gut war das Hörspiel und das Malen und Basteln!
  • Es war zu wenig Freizeit!
  • Gruppenarbeit und Plenum waren stressig